Es ist passiert! Der kleine Asteroid (319) Leona zog am 12. Dezember 2023 zwischen ca. 01:10 und 01.16 UT (je nach Beobachtungsstandort) vor dem Roten Riesenstern Beteigeuze (Alpha Orionis) vorüber. Dutzende von Amateuren reisten mit ihrer mobilen Ausrüstung möglichst nahe ins Zentrum des Schattenpfades, welcher sich von Griechenland her kommend durch die südlichen Teile von Italien, Sardinien, Spanien, Portugal und weiter bis nach Florida hinweg zog. Den meisten Beobachtern blieb das Wetterglück hold. So konnten dutzende von Lichtkurven aufgezeichnet werden, die nun auf ihre Auswertung warten.
Wie bereits vermutet, vermochte der relativ kleine Asteroid (ca. 80 x 55km) den Roten Riesen nicht vollständig zu bedecken. Dies weil der Stern aufgrund seiner Grösse (760 mal so gross wie die Sonne) und Nähe (550 Lichtjahre) eine kleine, aber bereits signifikante Winkelausdehnung aufweist (ca. 50 Millibogensekunden). In der Folge verlief der Helligkeitsabfall des Sterns während der Bedeckung durch (319) Leona (Relativgeschwindigkeit ca. 10 km/s) nicht abrupt, sondern allmählich. Der sonst 0.5 mag helle Beteigeuze wurde dabei um ca. 2 Magnituden schwächer, war aber von Auge immer noch gut zu sehen.
Der Helligkeitsunterschied ist in dieser Vergleichsaufnahme sehr eindrücklich zu sehen – sie wurd am 15. Dezember auf APOD mit dem folgenden Begleittext veröffentlicht:
Der Asteroid (319) Leona warf am 12. Dezember einen Schatten über den Planeten Erde, als er vor dem hellen Stern Beteigeuze vorbeizog. Um zu sehen, wie der rote Riesenstern dieses Mal verblasste, musste man in der Nähe der Mittellinie des schmalen Schattenpfades stehen, der in Eurasien begann und sich nach Westen über Südeuropa, den Atlantik, Südflorida und Zentralmexiko erstreckte. Das geozentrische Himmelsereignis wurde in diesen beiden Bildern festgehalten, die in Almodovar del Rio, Spanien, vor (links) und während der Asteroiden-Sternbedeckung aufgenommen wurden. In beiden Bildern ist Beteigeuze oben und links an der Schulter des bekannten Sternbild Orion zu sehen. Seine Helligkeit nahm während der äußerst seltenen Bedeckung merklich ab, als der Riesenstern für einige Sekunden von dem Asteroiden des Hauptgürtels bedeckt wurde.
Bildnachweis & Copyright: Sebastian Voltmer
Von der SAG-Fachgruppe SOTAS (Stellar Occultation Timing Association Switzerland) reisten drei Amateure (Stefano Sposetti, Stefan Meister und Andreas Schweizer) in den Schattenpfad. Die aufgezeichneten Lichtkurven und weiteres Bildmaterial sind in der Bildergalerie weiter unten und unter http://occultations.ch ersichtlich.
Herzliche Gratulation zum grossen Erfolg!
Derzeit erfolgt die Berechnung der Chords aller vorhandenen Aufzeichnungen, was nicht nur eine weitere Präzisierung der Form und Grösse des Asteroiden erlauben wird, sondern auch – und das war das primäre Ziel dieser Kampagne – um mehr über Beteigeuze zu erfahren. So hofft man z.B. die genaue Position und Ausdehnung (bisher wurde ein Durchmesser von 45-55 mas angenommen, GAIA konnte Beteigeuze nicht präzise vermessen, da er für ihre Instrumente zu hell ist), sowie Details zur Oberfläche und vielleicht sogar grossflächige Ausbrüche auf dem roten Riesen zu detektieren. Man beachte dazu auch das folgende Video und dort hauptsächlich den ersten Beitrag von Miguel Montargès zum Scientific Context.
Und hier nun noch der Bericht von Stefan Meister, direkt nach seiner Rückkehr aus Süditalien:
Hallo zusammen
Eben wieder zurück, hier ein kleiner Bericht zu unserem Beobachtungstrip nach Süditalien unter der Leitung der lokalen Organisation der Amateurastronomen “Astrocampania”.
In Kalabrien bei Corigliano (CS) konnten wir in den Morgenstunden vom 12. Dezember eine erfolgreiche Bedeckung von Beteigeuze beobachten. Zu diesem äusserst seltenen Ereignis wurde bereits viel geschrieben und eine gute Zusammenstellung kann z.B. bei der VdS nachgelesen werden. Positioniert waren wir bei einem Hotel in der Nähe von Chord #29, knapp 6 km südlich des Zentralpfades in mitten einer Mandarinen Plantage, wo gerade Hochsaison herrscht. Das Wetter war gut und bis auf wenige, gelegentlich durchziehende mittelhohe Wolken ziemlich klar. Ab und zu störte etwas der Wind der zeitweise böhenartig blies. Daher war es gut, dass wir uns in einer dunklen Ecke des Hotelkomplexes, umgeben von einigen Gebäuden und Bäumen, aufstellt hatten und so praktisch nichts vom Wind abbekamen und nur die plötzlichen Windstösse hörten.
Beobachtet hatte ich mit einem Borg Apo Refraktor mit 125mm Öffnung auf einer ZWO AM5 Montierung, welcher huckepack noch ein weiteres Sucher-Teleskop, namentlich ein Baader 60mm VARIO Finder mit 250mm Brennweite sowie ein behelfsmässig montiertes 50 mm Nikon Objektiv trug. Alle drei Instrumente hatten je eine DVTI-Cam mit integriertem GPS Zeitempfänger angeschlossen und wurden über drei verschiedene Laptops betrieben. Als Filter waren photometrische R, I und V der Baader Bessel Serie im Einsatz (in dieser Reihenfolge in absteigenden Öffnung der Geräte).
Zusätzlich wurde auf einem etwas entfernter aufgestelltem Stativ ein Video der ganzen Szenerie, d.h. unserem Beobachtungsplatz mit dem kompletten Sternbild Orion, aufgenommen. Darauf ist während der rund zweiminütigen Aufnahme gut der Durchzug eines Wolkenbandes südlich von Beteigeuze zu erkennen. Als Kamera war hier eine recht empfindliche Sony alpha 7s I DSLR mit einem 14 mm f/2.8 Weitwinkelobjektiv im Einsatz. Dieses Video wurde eigentlich hauptsächlich zur Wiedergabe der Stimmung während dem Ereignis aufgenommen. Trotzdem ist aber auch hier die Verdunklung von Beteigeuze gut zu sehen. Unter Umständen könnte somit auch dieses Video ausgewertet werden, da darauf das synchrone Blinken der präzisen 1PPS LED‘s unserer DVTI Cams deutlich zu sehen sind und sich damit der Zeitpunkt der einzelnen Frames ziemlich genau rekonstruieren lässt, sofern das nötig sein sollte.
Visuell hatte ich den Eindruck, dass Beteigeuze zwar merklich an Helligkeit verlor, dies aber nicht wie sonst schlagartig, sondern eher langsam geschah. Auch war der Helligkeitsabfall wesentlich geringer als ursprünglich erwartet. Beim Wiederanstieg hatte ich etwas mehr Mühe und hätte den genauen Endzeitpunkt visuell nicht eindeutig festlegen können. Der rote Riese „flackerte“ aufgrund der Szintillation trotz seiner relativ grossen Höhe von 50 Grad über Horizont recht stark, was diesen Effekt vielleicht noch verstärkte. Nichtdestotrotz war das Ereignis auch visuell sehr eindrücklich.
Unten ein paar Bilder inkl. der Lichtkurve von der Aufzeichnung des Borg Refraktors mit dem R-Filter. Bei einer Framerate von 100 fps wurden hier 8000 Datenpunkte erfasst. Die bereinigten Daten wurden bereits in das Occultation Portal sowie in SODIS hochgeladen und werden derzeit von den Fachastronomen des Lucky Star Teams analysiert.
Nachfolgend ein paar Eindrücke von der Aufnahmenacht und der Umgebung vor Ort in Kalabrien (IT).
Der Bericht und die Bilder zeigen, dass sich die Teilnahme bei den Fachgruppen der SAG-SAS immer lohnt!