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Schweiz baut eigenes ELT

Schweizer Astronomen haben erfolgreich beim Schweizerischen Nationalfond (SNF) ein Projekt eingereicht, mit dem es wieder möglich werden soll, von Schweizer Boden aus Spitzenforschung zu betreiben. Um die Kosten zu reduzieren, wird das Konzept vom gerade im Bau befindlichen ELT Teleskop der ESO übernommen und eine praktisch identische Kopie in den Schweizer Alpen gebaut.

Die technischen Daten des Swiss ELT sind beeindruckend:

  • 39 Meter Primärspiegel, bestehend aus
    798 sechseckigen Spiegelsegmenten
    132 Tonnen Spiegelmasse (plus 8 Tonnen in Sekundärspiegeln)
  • 4600 Tonnen Teleskopgewicht (ohne Gebäude)
  • 2 Grad/Sekunde max. Rotationsgeschwindigkeit
  • Adaptive Optik für Korrektur der atmosphärischen Verzerrungen:
    8 Laser erzeugen künstliche Sterne für die Korrektur
    1000 Korrekturen pro Sekunde frieren die Luftunruhe ein
  • 80 Meter hoher Dome, 88 Meter breit
  • 120×120 Meter Grundfläche ohne Hilfsgebäude
Das Swiss ELT fügt sich nahtlos in die Alpenlandschaft ein (Grafik: Basilio Noris)

Während das ELT in Chile mit 1.3 Mrd. Euro schon kein Schnäppchen ist, rechnen die Initianten mit für Schweizer Verhältnisse typischen Kosten von rund 2.6 Mrd. CHF bis zur Fertigstellung (nur 3% vom Staatshaushalt 2022). Da die Pläne der ESO jedoch gemeinfrei zur Verfügung stehen und bereits vorliegen, kann der Bau schon im Frühjahr 2024 starten. Die Komponenten werden dabei fast ausschliesslich von Schweizer Betrieben bezogen.

Bekanntlich kann das ELT in Chile einen grossen Teil der nördlichen Hemisphäre nicht sehen. Das Swiss ELT hingegen, kann das ganze Jahr über den Nordhimmel beobachten. Das wichtige Kepler Field, in dem Tausende von Exoplaneten gefunden wurden, befindet sich auf der Nord-Hemisphäre im Sternbild Schwan (Cygnus). Hier wird auch das primäre Betätigungsfeld der Schweizer Astronomie liegen: durch Interferometrie über Satellitenverbindung direkt mit dem ELT in Chile soll es theoretisch möglich sein, hochaufgelöste Bilder von Exoplaneten aufzunehmen. Ähnlich wie mit dem Event Horizon Teleskop, mit dem spektakuläre Bilder von Schwarzen Löchern aufgenommen wurden, soll es nun endlich möglich werden, diese Technik bei der Suche nach Exoplaneten und Leben anzuwenden.

Als optimalen Standort haben die Wissenschaftler das Matterhorn bestimmt. Gleich dem 3046 m hohen Berg Cerro Amazones in Chile, ist geplant, die Matterhorn Spitze von 4478 m um 48 m auf 4430 m abzutragen und zu planieren, um dem Teleskop, welches ebenfalls einen 39 Meter grossen Hauptspiegel besitzt und inklusive Schutzgebäude etwa die Fläche von einem Fussballfeld benötigt, optimal platzieren zu können.

Auch wenn wir Baubeginn und Fertigstellung kaum erwarten können, müssen wir uns noch etwas gedulden: mit dem Baubeginn 2024 startet ein straffer Zeitplan, der im Jahr 2036 mit dem “First Light” endet. Das Gegenstück in Chile soll hingegen bereits 2027 in Betrieb gehen.

Das Swiss Extremely Large Teleskop (S-ELT) wird unser Verständnis vom Universum revolutionieren. Hier eine ältere Konzeptstudie (Grafik: Basilio Noris).

Peter Englmaier

Webmaster

Ich bin seit meiner Jugend begeisterter Amateurastronom, habe einen PhD für Theoretische Astrophysik (Uni Basel), habe auf dem Gebiet der Gasdynamik in Balkengalaxien, Galaxien Mergern und Schwarzen Löchern gearbeitet. Seither arbeite ich in der Softwareindustrie als Cloud- und Linuxarchitekt. In meiner Freizeit versuche ich mich in der Astrofotografie. Für die SAG bin ich für die Webseiten verantwortlich.

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3 Antworten zu “Schweiz baut eigenes ELT”

  1. Lieber Peter
    Da bin ich aber froh, dass die Walliser Hotelpläne vom letzten Jahr nun gescheitert sind. Vielleicht geht’s dann mit der CH-ELT Realisierung ja schneller voran, schliesslich ist der Trumpf Laser ja wohl schon einsatzbereit! Siehe hier: https://www.technik-und-wissen.ch/trumpf-superlaser-matterhorn-projekt.html?utm_campaign=trumpf&utm_medium=print&utm_source=018&utm_term=artikel

    Schönen ersten April noch!
    Beste Grüsse,
    Carsten (der, an den du dich heute nicht mehr so gut erinnern konntest)

  2. Interessantes Projekt! Meiner Meinung nach ist das aber noch zu wenig ausgereift und zu unschweizerisch: im Gotthard-Reduit gibt es sicher bereits eine passende Kaverne aus dem 2. Weltkrieg, um so ein grosses Teleskop kostengünstig unterzubringen. Dort wäre es auch optimal von der Lichtverschmutzung geschützt!

    Liebe Grüsse aus Schilda, wo der 1. April ein ganz normaler Tag ist